Am 25. Juli 2015 ist das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention, kurz Präventionsgesetz (PrävG), ein Jahr in Kraft, das allen Altersgruppen der Bevölkerung in vielen Lebensbereichen von der Kita bis zum Alten- oder Pflegeheim gesundheitlich zugute kommen soll. Bislang ist davon für die Mehrzahl der Menschen in Deutschland noch nichts spürbar geworden. „Konkrete Präventionsangebote nach dem neuen Gesetz existieren kaum, da bislang nur mit großem Aufwand Strukturen für eine Präventionsarbeit entwickelt werden“, konstatiert Dr. Jürgen Klinghammer, Vorstand der Frauenärzteorganisation GenoGyn. Die GenoGyn hatte bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes besonders kritisiert, dass ärztliche Kompetenz kaum strukturell in das Paragrafenwerk eingebunden ist, obwohl primäre Prävention und Gesundheitsförderung seit jeher Teil der ärztlichen Arbeit sind. „Hier lässt das Gesetz ohne Not großes Potenzial brach liegen“, so Dr. Klinghammer.
Gemäß Präventionsgesetz sollen Kranken- und Pflegekassen jährlich mehr als 500 Millionen Euro für Prävention und Gesundheitsförderung einsetzen, rund 300 davon für Angebote in Kitas, Schulen, Kommunen, Betrieben und Pflegeeinrichtungen. Über die Verwendung der Mittel entscheidet eine Nationale Präventionskonferenz (NPK), in der lediglich die Sozialversicherungsträger – gesetzliche Kranken-, Renten- und Unfall- sowie soziale Pflegeversicherung – stimmberechtigt sind. Weitere Akteure wie Bund, Länder, Kommunen, Bundesagentur für Arbeit und Sozialpartner sind beratend dabei, nicht jedoch die Ärzteschaft. Ärzteverbände können versuchen, sich in einem sogenannten Präventionsforum Gehör zu verschaffen, das einmal im Jahr die NPK beraten soll.
Grundsätzlich sieht die GenoGyn in dem Präventionsgesetz einen positiven Ansatz. Wesentliche Kritik an dem Gesetz ist nach Einschätzung der GenoGyn aber bis heute nicht widerlegt worden, auch nicht durch die Bundesrahmenempfehlungen der NPK vom Februar 2016. Auf Länderebene stehen entsprechende Empfehlungen, die Aufgaben und Leistungen weiter konkretisieren sollen, größtenteils noch aus. „Dass in der NPK nur die entscheiden, die das Geld geben, nämlich die Sozialversicherer, erklärt, warum nur Angebote zur Prävention infrage kommen, die nach einem Leitfaden des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung zertifiziert sind und eine strukturelle Einbindung ärztlicher Fachkompetenz bei der Entwicklung von Präventionsstrategien und -angeboten nicht vorgesehen ist, obwohl fast alle Erkenntnisse über Prävention aus der Medizin kommen“, sagt Dr. Klinghammer. Ebenso kritisieren die Frauenärzte der GenoGyn, dass auch Gesundheitsuntersuchungen im Vorfeld von Präventionsempfehlungen ohne nennenswerte Partizipation unabhängiger ärztlicher Organisationen und medizinischer Fachgesellschaften ausschließlich vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ausgestaltet werden sollen.
„Die strukturelle Einbindung ärztlicher Kompetenz suchen wir im Präventionsgesetz vergeblich. Dies ist unverständlich, da besonders niedergelassene Gynäkologinnen und Gynäkologen sich aus gutem Grund als Präventionsexperten verstehen. Sie erreichen Patientinnen in allen Altersgruppen, Schichten und Lebensumständen, und der allergrößte Teil ihrer täglichen Arbeit besteht aus Früherkennung und Prävention“, sagt GenoGyn-Vorstand Dr. Klinghammer. Dazu gehöre die Früherkennung von Gebärmutterhals- und Brustkrebs ebenso wie die primäre Prävention, mit dem Ziel, die Patientin durch Beratung, Coaching und Motivation zur Eigenverantwortung gesund zu erhalten. Seit 2008 macht die GenoGyn sich für eine erweiterte Primärprävention in den gynäkologischen Praxen stark und hat in eigenen zertifizierten Fortbildungen bereits hunderte Ärzte in Präventionsmedizin qualifiziert.
„Dass langwierige Strategie-Debatten überdies zum Bremsfaktor für dringliche Präventionsprojekte werden, dürfte nicht sein“, sagt Dr. Klinghammer. So bliebe die HPV-Impfung als schärfste Präventions-Waffe gegen Gebärmutterhalskrebs bis heute stumpf, da eine breit angelegte, handfeste Impfkampagne über bewährte Institutionen auf sich warten lässt. Auf größtes Unverständnis der GenoGyn trifft außerdem der Umstand, dass der Verteilungsmechanismus des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs Präventionsbemühungen der Krankenkassen bestraft und damit präventionsfeindliche Fehlanreize setze.
Quelle: GenoGyn
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